Wo ist mein Dresden? Das Dresden der ersten Elbhangfeste, das Dresden, wo die Menschen zur „Bunten Republik“ das Leben und die Freiheit feierten, das Dresden der Jahre nach der Wiedervereinigung, als Bürgerbewegungen und Kunstschaffende die Stadt konstruktiv, kreativ und voller Optimismus prägten, als ein froher und beglückender Wind durchs Elbtal wehte, als es noch ein Miteinander gab, die Menschen entspannt spazieren gingen.
Wo ist mein Dresden, für dass ich mich nicht außerhalb Dresdens schämen und rechtfertigen muss? Ob im In- und Ausland – der Ruf, den Dresden heute hat, macht mich unendlich traurig. Ich wünsche mir ein Dresden zufriedener Menschen, nicht frustrierter Gesichter und hängender Mundwinkel, wie sie mir in der Straßenbahn und auf den Fußwegen der Stadt in Überzahl begegnen.
Als einst in Dresden kein Westfernsehen zu empfangen war, sprach man vom „Tal der Ahnungslosen“. Heute haben wir unbegrenzten Zugriff auf Information. Trotzdem scheinen Viele in Dresden die Welt außerhalb des Elbtals nicht zur Kenntnis nehmen, sehen in verzerrter Wahrnehmung die eigene Lebenssituation als unglücklich an und übersehen oder ignorieren die wirklichen Probleme unseres Planeten.
Ich schreibe diese Zeilen in Uganda, wo der Alltag der Menschen wirklich Frust auslösen könnte, wo ein Großteil der Bevölkerung täglich vor der Existenzfrage steht, wo die Infrastruktur in unerträglichem Zustand ist, wo Straßen kaputt und unbefahrbar sind, wo mafiöse Machthaber in die eigene Tasche wirtschaften und Opposition und Meinungsfreiheit tagtäglich brutal unterdrücken. Und trotzdem: Mir begegnen hier an jeder Ecke positiv gestimmte Menschen, die über die Zustände in ihrem Land zwar den Kopf schütteln, aber nicht permanent ihre Unzufriedenheit zur Schau stellen.
Ich wünsche jenen Menschen in Dresden, die im Sumpf des Frustes und Motzens gefangen sind, elementare Erfahrungen, Blicke über den Tellerrand, eine weite Weltsicht. Kulturstadt zu sein bedeutet nicht nur, für Museen und Bühnen weltweite Anerkennung zu genießen, sondern auch für eine Kultur des Miteinanders. Deshalb: Haltung zeigen – gegen eine verquere, eingeschränkte Weltsicht!